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Das Entschlafenenwesen der Neuapostolischen Kirche

Inhalt:

1. Gedanken zum Tod und sterben

2. Die Bereiche der Entschlafenen

3. Die Lehre der Heiligen Schrift über ein Leben nach dem Tode

4. Gibt es ein Weiterleben der Seele nach dem Tode?

5. Die Vikariatstaufe (Totentaufe)

6. Die Praxis in der Neuapostolischen Kirche

 

1. Gedanken zum Tod und sterben  

Unablässig ziehen Menschen in das Totenreich, dem biblischen Hades bzw. Scheol. Unzählig sind die Völker, Rassen, Sprachen und Generationen die bereits ins Totenreich gezogen sind. Alle beenden ihr Leben und gehen in den Hades. Jesu hat dazu ein schönes Gleichnis erzählt.

    „Und er sagte ihnen ein Gleichnis und sprach: Es war ein reicher Mensch, dessen Feld hatte gut getragen. Und er dachte bei sich selbst und sprach: Was soll ich tun? Ich habe nichts, wohin ich meine Früchte sammle. Und sprach: Das will ich tun: ich will meine Scheunen abbrechen und größere bauen, und will darin sammeln all mein Korn und meine Vorräte und will sagen zu meiner Seele: Liebe Seele, du hast einen großen Vorrat für viele Jahre; habe nun Ruhe, iß, trink und habe guten Mut! Aber Gott sprach zu ihm: Du Narr! Diese Nacht wird man deine Seele von dir fordern; und wem wird dann gehören, was du angehäuft hast? So geht es dem, der sich Schätze sammelt und ist nicht reich bei Gott.“
    (Lukas 12, 20)

Bleibt die Frage; Wie bist Du in Deiner Vorbereitung. Ich lebe im ehemaligen Machtbereich des Kommunismus, wo ja bekanntlich das Christentum nicht gerade gefördert wurde. Da mußte man sich mit so machen, sehr schlauen Lästerer auseinander setzen. Ein ehemaliger Kollege war dabei besonders aktiv.

In einem Gespräch unter Kollegen, sagte ich Ihm schließlich:

      „Klaus ein Christ wird durch seinen Glauben nie !!! enttäuscht werden. Zuerst lachte er nur über meine Aussage. Nach einigen nachdenken kam er zu mir und fragte mich wie ich das gemeint hätte. Ich gab ihm dann folgende Antwort. Ein Christ bereitet sich auf ein Leben nach dem Tod vor. Er ist sich gewiß, daß er nur durch die Gnade Jesu ein ewiges Leben bei Gott bekommen kann. Du (Klaus) glaubst, mit dem Tod ist alles vorbei, es kommt also nichts mehr. Nun nehmen wir doch mal an dein Glaube, denn um nichts Anderes handelt es sich, würde zutreffen. Wie könnte denn dann ein Christ enttäuscht werden, wenn doch alles vorbei ist? Er spürt ja dann nichts mehr. Er hat ja dann gar keine Gefühle mehr. Also kann er gar nicht enttäuscht sein. Anders sieht es aus, bei meiner Glaubenssicht. Du gehst dann durch des Todes Tor und mußt erkennen; ich lebe ja noch und ich muss mich auch noch für meine Taten verantworten. Was ist das für eine Enttäuschung wenn du dann völlig unvorbereitet vor Gott stehst und weißt nicht was nun werden soll.“

Anmerkung: Name ist geändert!

      In der Folge war er sehr nachdenklich geworden. Als innere Beruhigung sagte er mir dann, die DDR typische Floskel;

      „einen guten Genossen verläßt der liebe Gott schon nicht.“

In späteren Jahren ist er dann sogar in Kirchen gegangen um Antworten zu finden. Leider ist dieser, mir sonst sehr angenehme Kollege, mit 52 Jahren in verstorben. Seither kann man nur noch für ihn beten. Es gibt Trost und Zuversicht, dass auch er nicht verloren sein muß. Viele meinen nun über die Toten, daß da nun keine Hilfe mehr ist. Er also bis zu jüngsten Gericht auf sein Urteil warten muß.
Meist führen sie dann den abgewandelten Bibelspruch im Munde; wie

      „der Baum fällt-er falle nach Süden oder Norden zu-wohin er fällt, da bleibt er liegen“. (Prediger 11, aus 3)

Beachten aber dabei, so meine ich die folgenden Verse nicht. Dort steht ja auch noch etwas anderes;

      „Gleichwie du nicht weißt, welchen Weg der Wind nimmt und wie die Gebeine im Mutterleibe bereitet werden, so kannst du auch Gottes Tun nicht wissen, der alles wirkt.„ (Vers 5)

Keiner weiß wie Gott, in dieser hier betrachteten Sache entscheiden wird. Es obliegt also allein seiner Gnade. Die Christen der Neuapostolische Kirche glauben nun an die heilsame Gnade Gottes, die allen Menschen erschienen ist (siehe Titus 2, 11). Die Bibel kennt verschiedene Zeiten welche im Erlösungsplan Gottes große Bedeutung besitzen. Das ist zum ersten die Zeit ohne Gesetz, (Adam bis Mose) zum zweiten die Zeit unter dem Gesetz (Mose bis Jesu) und seit Jesu die Gnadenzeit. Zu jeder dieser Zeiten haben viele Geschlechter gelebt und sind nun drüben. Wenn die Gnade für alle Menschen erschienen ist, wieso dann nicht auch für die Menschen, welche vor uns waren?

Mir erscheint, daher dieser Gedankengang als durchaus interessant und wichtig.

 

2. Die Neuapostolische Kirche spricht oft von den Bereichen der Verstorbenen  

So verschieden wie die Völker, Rassen und Sprachen, so verschieden sind auch die religiösen Auffassungen, Lehren und Ansichten. Wir kennen die großen Weltreligionen, Menschen die Gott kennen und solche die ihn Ablehnen, mag darunter gerechnet werden, was man will, ferner die „Guten und Bösen“; die Jesu folgen und auch die Gleichgültigen. Alle gehen hinüber und sind somit richtungsgebend gefallen, wie der Baum. Verschieden sind also nun auch ihre Aufenthaltsorte im Totenreich. Unterschiedlich kommen sie dort an. Jesu kennzeichnet in seinem Gleichnis, vom armen Lazarus und dem reichen Mann, zwei verschiedene Bereiche. (siehe Lukas 16, 19-31). Zwischen diesen Bereichen besteht laut der Rede Abrahams eine große Kluft. Mit Jesu Opfertot und sein Hingehen in die Bereiche der Toten wurde diese Kluft gleichsam beseitigt. Durch Jesus Christus wurden somit die Bereiche geöffnet, damit alle Seelen die Möglichkeit haben, Gnade die Fülle zu bekommen. Auch im Apokryphen Hennochbuch wird im 22. Kapitel von diesen Bereichen geschrieben. Ein Bereich ist dort voll Licht und hat eine Wasserquelle. Licht und Wasser sind Grundbedingungen für Leben. Alle Bereiche befinden sich, demnach im Hades. Dieses Wort übersetzt Luther in den meisten Fällen mit Hölle. Auch die Bibel nennt einige Bereiche zu denen die Menschen nach dem Tode kommen. Einige wurden auch Lebenden in Gesichten gezeigt. Die Biblischen Bereiche der Verstorbenen sind:

          - das Paradies (Lukas 23, 43; 2 Korinther 12, 4)
          - den dritten Himmel (2 Korinther 12, 2)
          - die vielen Wohnungen (Johannes 14, 2)
          - die dunkelste Finsternis (Judas 1, 13; 2. Petrus 2, 17)
          - die untersten Örter der Erde / in Luther 1984 Tiefen der Erde (Epheser 4, 9)
          - das Bereich derer, die zur Zeit Noahs nicht glaubten (1 Petrus 3, 20)
Jesus ging in die Bereiche der Toten und hat damit die oben erwähnte Kluft beseitigt (1. Petrus 3, 19). Es wurde durch Jesu auch den Toten das Evangelium verkündigt (1. Petrus 4, 6). Das Jesu nicht nur für die Lebenden das Evangelium gebracht hat geht lehrt uns Paulus:

      „Denn dazu ist Christus gestorben und wieder lebendig geworden, daß er über Tote und Lebende Herr sei.“
      (Römer 14, 9)

Auch hier:

      „daß in dem Namen Jesu sich beugen sollen aller derer Knie, die im Himmel und auf Erden und unter der Erde sind,“
      (Philipper 2, 10)

Jesu ist also nicht nur unser Herr und Heiland sondern auch Herr und Heiland der Toten.

 

3. Die Lehre der Heiligen Schrift über ein Leben nach dem Tode  

3.1. Das Alte Testament  

Das alte Testament beschreibt nur wenig über ein Leben nach dem Tode. Das AT beschreibt vielmehr der Plan Gottes zur Erlösung der Menschheit. Die Frommen des alten Bundes warteten, wie es Jakob ausdrückt, auf das zukünftige Heil im Messias (1. Mose 49, 18). Ihre Anschauungen über das Leben nach dem Tode konnten somit nicht so sein, wie die der Christen, die das Heil in Christus kennengelernt und erfahren haben. Sie hatten indes die Gewißheit, daß die Seele weiterlebt und zwar in einem für sie bestimmten Reich der Toten, hebräisch: „שאול“ (Scheol), griechisch: „αιδης“ (Hades). Luther Übersetzt dieses Wort mit Hölle und zuweilen auch mit Grube (z. B. 1. Mose 37, 35 u. a.). Auch den Bereich der gefallenen Engel bezeichnet Luther mit Hölle. (2 Petrus 2, 4). Hier steht der Begriff Tartarus (griechisch: „ταρταρος“).
Im apokryphen Hennochbuch findet sich dieser Bereich in Kapitel 18 bis Kapitel 21 beschrieben. Dieses Reich befindet sich tief unter dem Hades. Gott selbst gab den Glaubenvätern die Zusage, daß sie weiterleben sollten, wenn er z. B. dem Abraham verheißt:

      „Du sollst fahren zu deinen Vätern mit Frieden“ (1. Mose 15, 15)

und zu Mose sagt:

      „sollst du auch zu deinen Vätern versammelt werden, wie dein Bruder Aaron zu ihnen versammelt ist“ (4. Mose 27, 13).

Das Totenreich, stellte man sich vor als einen düstern Ort, ein Land der Finsternis in der Tiefe (Hiob 10, 21; Jesaja 14, 15), wo alle Toten ohne Unterschied sich versammeln müssen vor (Hiob 3, 11 bis 19). Den Zustand der Seelen dachte man sich als ein Halbleben, das aller Freuden beraubt war, in einem Land der Stille, da man nichts gedenkt (Psalm 94, 17; 115, 17; 88, 13), wo selbst die Gläubigen nicht mehr Gott Lob und Dank darbringen (Psalm 6, 6) und seiner nicht gedenken. Wie dies David sagt, so meint auch der fromme Hiskia:

      „Denn die Toten loben dich nicht, und der Tod rühmt dich nicht, und die in die Grube fahren, warten nicht auf deine Treue; sondern allein, die da leben, loben dich so wie ich heute. Der Vater macht den Kindern deine Treue kund.“
      (Jesaja 38, 18 und 19)

Es klingt genauso trostlos wie Psalm 88, 11 bis 13. Noch düsterer ist es, wenn Hiob von dem Zustand der Verstorbenen redet.

      „ehe denn ich hingehe-und komme nicht zurück-ins Land der Finsternis und des Dunkels ins Land, wo es stockfinster ist und dunkel ohne alle Ordnung, und wenn's hell wird, so ist es immer noch Finsternis.“
      (Hiob 10, 21 bis 22).

Diese Vorstellungen vom Totenreich lastete schwer auf den Gemütern der alttestamentlichen Frommen. Daher redet der Apostel in Hebräer 2, 15 mit Recht von ihnen als solchen, die durch Furcht vor dem Tode ihr ganzes Leben Knechte sein mußten, also aller Freiheit und Freude beraubt waren. Diese Vorstellungen waren ganz der Wahrheit entsprechend,
      „denn der Sünde Sold ist der Tod.“
      (Römer 6, 23)
In das Dunkel des Totenreichs fiel aber doch zuweilen auch ein Hoffnungsschimmer. Wir sehen das bei Hiob, als dieser in tiefem Schmerz klagte:

      „Und ist meine Haut noch so zerschlagen und mein Fleisch dahingeschwunden, so werde ich doch Gott sehen.“
      (Hiob 19, 26)
Auch in einigen Stellen der Psalmen und der Propheten dringt die Hoffnung auf die Erlösung aus dem finstern Bereich durch.

So heißt es:

      „Aber Gott wird mich erlösen aus des Todes Gewalt; denn er nimmt mich auf“
      (Psalm 49, 16)

Bei den Propheten wird schließlich der Blick auf das Kommen des Messias ausgerichtet. Dabei werden deutlich im Spätjudentum die Hoffnung auf eine Auferstehung der Toten immer deutlicher.

      „Aber deine Toten werden leben, deine Leichname werden auferstehen. Wachet auf und rühmet, die ihr liegt unter der Erde! Denn ein Tau der Lichter ist dein Tau, und die Erde wird die Toten herausgeben.“
      (Jesaja 26, 19)

Mit aller Gewißheit verkündet so dann Daniel:

      „Und viele, die unter der Erde schlafen liegen, werden aufwachen, die einen zum ewigen Leben, die andern zu ewiger Schmach und Schande.“ (Daniel 12, 2)

Diese Hoffnung blieb bei dem unterdrückten Volke sehr lebendig. Auch Pharisäer lehrten die Auferstehung der Toten (Apostelgeschichte 24, 6-8). Diese Erkenntnis wurde auch durch diese jüdische Partei, immer mehr unter dem Volke verwurzelt. Das wird auch in der Makkabäerzeit recht deutlich.

      2. Makkabäer 7,
      Vers 9 „Daher marterten sie ihn weiter wie den ersten. Als er nun in den letzten Zügen lag, sprach er: Du verruchter Mensch, du nimmst uns wohl das zeitliche Leben; aber der König der Welt wird uns, die wir um seiner Gesetze willen sterben, wieder erwecken in der Auferstehung zum ewigen Leben.“
      Vers 14 „Als es aber mit ihm zum Sterben ging, sprach er: Das ist für uns ein großer Trost: die Menschen können uns töten, aber wir hoffen auf Gottes Verheißung, daß er uns wieder auferwecken wird; du aber wirst nicht auferweckt werden zum Leben.“
      Vers 23 „Darum wird der, der die Welt geschaffen und alle Menschen gemacht und das Werden aller Dinge erdacht hat, euch den Odem und das Leben gnädig zurückgeben, weil ihr jetzt um seiner Gesetze willen keinerlei Rücksicht nehmt auf euch selbst.“
      Vers 36 „Unsere Brüder, die eine kurze Zeit sich haben martern lassen, die haben jetzt teil am ewigen Leben nach der Verheißung Gottes: du aber sollst nach dem Urteil Gottes bestraft werden, wie du es mit deinem Hochmut verdient hast.“

In diese Zeit ist auch das Hennochbuch zu rechnen. Dieses entstand wahrscheinlich um 100 vor Christi Geburt. Wir erkennen also deutlich, wie das Licht der Offenbarungen Gottes über den Zustand der Abgeschiedenen immer heller wird. Es ist gewiß, daß die Tatsache der Entrückung des Hennoch (1. Mose 5, 24) und des Elia (2. Könige 2, 11) ihre Strahlen in das Totenreich geworfen haben und vor allem die Tatsache, daß Mose und Elia nach ihrer Rückkehr vom Berg der Verklärung die Hoffnung vieler im Totenreich auf das höchste gesteigert haben. Wenden wir uns nun also den Schriften des Neuen Testamentes zu.

 

3.2. Das Neue Testament  

Ich möchte nun hier mit dem Johannesevangelium beginnen. Schon in den ersten Versen wird deutlich wie hell das Licht aus Jesu Christi geleuchtet hat.

      „Und das Licht scheint in der Finsternis, und die Finsternis hat's nicht ergriffen. Es war ein Mensch, von Gott gesandt, der hieß Johannes. Der kam zum Zeugnis, um von dem Licht zu zeugen, damit sie alle durch ihn glaubten. Er war nicht das Licht, sondern er sollte zeugen von dem Licht. Das war das wahre Licht, das alle Menschen erleuchtet, die in diese Welt kommen. Er war in der Welt, und die Welt ist durch ihn gemacht; aber die Welt erkannte ihn nicht. Er kam in sein Eigentum; und die Seinen nahmen ihn nicht auf. Wie viele ihn aber aufnahmen, denen gab er Macht, Gottes Kinder zu werden, denen, die an seinen Namen glauben, die nicht aus dem Blut noch aus dem Willen des Fleisches noch aus dem Willen eines Mannes, sondern von Gott geboren sind. Und das Wort ward Fleisch und wohnte unter uns, und wir sahen seine Herrlichkeit, eine Herrlichkeit als des eingeborenen Sohnes vom Vater, voller Gnade und Wahrheit.“
      (Johannes 1, 5 bis 20 )

Einige Worte sind hier sehr wichtig für die weitere Betrachtung. Das Licht scheint in die Finsternis. Alles wird sozusagen erhellt von diesem göttlichen Licht, denn es ist das wahre Licht, das alle Menschen erleuchtet. Im Luthertext steht die in diese Welt kommen. Das ist nicht ganz korrekt da dieses Wort kommen im Partizip Präsens steht. Die Elberfelder schreibt hier richtiger im Vers 9,

      „Das war das wahrhaftige Licht, das, in die Welt kommend, jeden Menschen erleuchtet.“

Einen zweiten Punkt möchte ich beleuchten, welches Jesus in seiner Gleichnisrede erwähnt.

    Als er nun in der Hölle war, hob er seine Augen auf in seiner Qual und sah Abraham von ferne und Lazarus in seinem Schoß.
    (Lukas 16, 23)

Ich habe schon zuvor geschrieben, daß sich die Juden das Totenreich geteilt vorstellten, und zwar als einen Ort, an in dem die Frommen sind, und als einen der Finsternis für die Gottlosen. Der Herr Jesus hat die Richtigkeit dieses Glaubens in dem Gleichnis vom reichen Mann und dem armen Lazarus bestätigt (Lukas 16, 19 bis 31). In der Elberfelder Bibel wird es klarer, dass es sich um das Totenreich handelt.

      „Und als er im Hades seine Augen aufschlug und in Qualen war, sieht er Abraham von weitem und Lazarus in seinem Schoß.“ (Elberfelder)

Der Herr unterscheidet also ganz deutlich die Bereiche des Hades (das Totenreich). Durch die Wortstellung und den Satzbau unterschiedet er den Ort der Qualen und den Ort, an dem Lazarus getröstet wird. Der reiche Mann konne Lazarus sehen. Offensichtlich war Lazarus in einem Platz des Lichtes. Die Qual welche hier beschrieben ist, ist eine Qual des Mangels. Es fehlte dem reichen Mann Wasser.

      Und er rief: Vater Abraham, erbarme dich meiner und sende Lazarus, damit er die Spitze seines Fingers ins Wasser tauche und mir die Zunge kühle; denn ich leide Pein in diesen Flammen.
      (Lukas 16, 24)

Anmerkung die hier übersetzte Flamme ist im Urtext ein Verb.

Dieses fehlen des Wassers bereitete Qual. Jesus hat das Wasser des Lebens.

    Jesus antwortete und sprach zu ihr: Wer von diesem Wasser trinkt, den wird wieder dürsten;
    wer aber von dem Wasser trinken wird, das ich ihm gebe, den wird in Ewigkeit nicht dürsten, sondern das Wasser, das ich ihm geben werde, das wird in ihm eine Quelle des Wassers werden, das in das ewige Leben quillt.
    (Johannes 4, 13 und 14)

Wer also in Christus ist und seine Gnade ergreift der hat Wasser und wird nicht dürsten. Oft wird dieses Gleichnis als zu abstrakt hinweggeschoben. Aber Jesus sagt dies nach dem Zeugnis des Lukas. Für mich gibt es daran kein Zweifel!

Lazarus wird in Abrahams Schoß gekennzeichnet. Im Totenreich befanden sich also beide, der Reiche und Lazarus. Nur war der Reiche "in Qualen" und Lazarus in "Abrahams Schoß". Den Schoß Abrahams verstanden die Juden der damaligen Zeit als den Aufenthalt in der nächsten Nähe des seligen Stammvaters. Jesus beschreibt auch diesen Gedankengang:

      „Aber ich sage euch: Viele werden kommen von Osten und von Westen und mit Abraham und Isaak und Jakob im Himmelreich zu Tisch sitzen;“
      (Matthäus 8, 11)

und

      „Da wird Heulen und Zähneklappern sein, wenn ihr sehen werdet Abraham, Isaak und Jakob und alle Propheten im Reich Gottes, euch aber hinausgestoßen.“
      (Lukas 13, 28 und 29)

Am Kreuz wird durch Jesus dieser Ort der Seligkeit als Paradies bezeichnet.

      „Und Jesus sprach zu ihm: Wahrlich, ich sage dir: Heute wirst du mit mir im Paradies sein.“
      (Lukas 23, 43)

Zu beachten ist hierbei, daß Jesus das Versprechen gibt, daß er noch heute im Paradiese sein wird. Also nicht erst in ferner Zukunft!

Auch Paulus schreibt von einem Gesicht in welchem ein Mensch diesen Ort sehen konnte.

      „Und ich kenne denselben Menschen-ob er im Leib oder außer dem Leib gewesen ist, weiß ich nicht; Gott weiß es- der wurde entrückt in das Paradies und hörte unaussprechliche Worte, die kein Mensch sagen kann.“
      (2. Korinther 12, 3 und 4)

Der Zustand der Seligen ist demnach so unbeschreiblich, daß menschliche Worte und auch menschliche Erkenntnis das ganze nicht begreifen kann. Die anderen Seelen sind in dem andern Ort des Hades, dem Ort der Qualen.

An anderer Stelle nennt Jesu den Ort „γαιεννα“ (Gehhenna) (Matthäus 5, 22+39+30; 10, 28; 18, 9 und 23, 15+33; sowie Markus 9, 43+45+47). Gehhenna heißt in unserer Sprache: „Stöhnen oder Gewimmer“. Dieses Wort wird in der Kombination mit Feuer gebraucht. Hier ist auf keinem Fall der ewige Feuerpfuhl aus Offenbarung 19, 20 und 20, 10 beschrieben. Es handelt sich um eine Gleichisrede Jesu. Er bezieht sich dabei auf die immer brennende Müllhalde im Tal Hinnom. Hier ist nicht das Bereich der Toten gemeint!

Die Qualen im Totenreich sind Qualen des Mangels und kein von Außen wirkendes Feuer. Sie kommen aus dem Inneren und brennen wie ein Feuer.

      „wo ihr Wurm nicht stirbt und das Feuer nicht verlöscht.“
      (Markus 9, 48)

Es ist dies der Ort der Finsternis, die draußen (oder außerhalb) ist, wo wird sein Heulen und Zähneklappern (Matthäus 8, 12; 22, 13 und 25, 13), oder der Kerker, aus dem man nicht herauskommt, bevor der letzte Pfennig bezahlt ist (Matthäus. 5, 25+26).

Neben dem Totenreich mit seinen zwei Teilen kennt die Heilige Schrift noch die untersten Orte, griechisch „ταρταρος“ (Tartarus). Es ist ein Ort der sich tief unter dem Hades befindet. Hier werden die Engel, die gesündigt haben festgehalten (2. Petrus 2, 4).

 

4. Gibt es ein Weiterleben der Seele nach dem Tode?  

Wie schon im vorhergehenden belegt ist im Alten Testament dazu keine Antwort zu finden. Das Wort Seele ist mit dem Wort See verwandt. Es ist germanischen Ursprungs. Die Germanen hielten bestimmte Seen für den Aufenthaltsort der Seelen. Die Seele ist das Innerste des Menschen, wer sich also mit Leib und Seele einer Sache verschrieben hat, ist ganz für sie da. Diese Gesamtheit wird in der Bibel mit dem hebräischen Wort „נפש“ (näpäsch) nicht ausgedrückt. Genaugenommen heißt dieser Begriff Schlund oder Kehle. Dieser Begriff kennzeichnet somit den Hauch als Grundlage der Atmung. Näpäsch bezieht sich ursprünglich nicht auf eine Sache, sondern auf das was den Körper lebendig macht. Im Zusammenhang des Textes ist es völlig richtig an einigen Stellen mit Seele und an wieder anderen mit Herz oder Leben zu übersetzen. Alle Stellen mit dem Begriff Seele wiederzugeben, ist sprachlich falsch. Das Besondere beim Erschaffen des Menschen ist die Doppellung von lebendig und Leben. Somit wird im Gegensatz zu den Tieren etwas anderes als das normale Leben beschrieben. Luther setzt hier deshalb den germanischen Begriff Seele ein. Ähnlich verhält es sich in den christlichen Schriften, des Neuen Testament. Hier wird dann meist mit dem Begriff Leben übersetzt. Die Seele nach christlichem Vorbild ist aber als eine Sache gekennzeichnet. Sie ist Bestandteil des Menschen. Dieser Besteht nach christlicher Überzeugung aus Leib, Seele und Geist (siehe 1. Thessalonischer 5, 23). Er ist somit ähnlich wie Gott "trinitarisch". Deshalb ist es auch gerade im Neuen Testament notwendig den Gesamttext zu betrachten.

Die drei Bestandteile des Menschen in den biblischen Sprachen sind diese:


      - Der Körper - Hebräisch „בשר“ (basar) - Griechisch „σωμα“ (soma) - Lateinisch „corpus“
      - Der Geist - Hebräisch „רוּח“ (ruach) - Griechisch „πνευμα“ (pneuma) - Lateinisch „spiritus“
      - Die Seele - Hebräisch „נפש“ (näpäsch) - Griechisch „ψυχη“> (psyche) - Lateinisch „anima“
         Leider sind nicht alle Altgriechischen Buchstaben digitalisiert!
Jesu weist in seinen Reden auf das Weiterleben der Seele nach dem Tode hin.

      „Und fürchtet euch nicht vor denen, die den Leib töten, doch die Seele nicht töten können; fürchtet euch aber viel mehr vor dem, der Leib und Seele verderben kann in der Hölle.“
      (Matthäus 10, 28)
         hier ist Hölle = Gehhenna / aus Jesu Gleichnisreden

Daraus geht klar hervor, daß die Seele auch dann, wenn die Menschen den Leib töten, noch weiterleben wird.

      „Jesus spricht zu ihr: Ich bin die Auferstehung und das Leben. Wer an mich glaubt, der wird leben, auch wenn er stirbt; und wer da lebt und glaubt an mich, der wird nimmermehr sterben. Glaubst du das?“
      (Johannes 11, 25 und 26)

Jesus spricht hier Martha an, welche zuvor von der Auferstehung am Jüngsten Tage gesprochen hatte. Darauf nimmt Jesu aber in dieser Schriftstelle keinen Bezug, sondern stellt völlig unabhängig davon, diese Frage. Es geht also hier nicht um ein Leben, nach dem jüngsten Gericht!

      „Denn wer sein Leben erhalten will, der wird's verlieren; und wer sein Leben (psyche) verliert um meinetwillen und um des Evangeliums willen, der wird's erhalten. Denn was hülfe es dem Menschen, wenn er die ganze Welt gewönne und nähme an seiner Seele Schaden? Denn was kann der Mensch geben, womit er seine Seele auslöse?“
      (Markus 8, 35 bis 37 )

Jesus spricht hier nicht von einer fernen Zukunft, sondern spricht davon, daß derjenige der sein Leben oder Seele hingibt für das Evangelium. Der also in den Tod für seinen Gauben geht, in Wirklichkeit sein Leben oder Seele erhält. Hier geht es ebenfalls nicht um eine spätere Auferstehung nach dem jüngstem Gericht. (siehe auch Matthäus 16, 25 und 26; Lukas 9, 24 und 25; Matthäus 10, 39; Lukas 17, 33; Johannes 12, 25)

      „In ihm ist er auch hingegangen und hat gepredigt den Geistern im Gefängnis, die einst ungehorsam waren, als Gott harrte und Geduld hatte zur Zeit Noahs, als man die Arche baute, in der wenige, nämlich acht Seelen, gerettet wurden durchs Wasser hindurch.“
      (1. Petrus 3, 19 und 20 )

Wie kann man jemanden predigen, wenn kein Leben vorhanden ist?

      „der soll wissen: wer den Sünder bekehrt hat von seinem Irrweg, der wird seine Seele vom Tode erretten und wird bedecken die Menge der Sünden.“
      (Jakobus 5, 20)

      „Wir aber sind nicht von denen, die zurückweichen und verdammt werden, sondern von denen, die glauben und die Seele erretten.“
      (Hebräer 10, 39)

Deutlich wird von einer Errettung der Seele geschrieben. Dies ist die Errettung aus dem Bereich der Qual (Lukas 16, 23).

      „Seid standhaft, und ihr werdet euer Leben (Seelen) gewinnen.“
      (Lukas 21, 19)

Standhaftigkeit bringt Leben.

      „Und als es das fünfte Siegel auftat, sah ich unten am Altar die Seelen derer, die umgebracht worden waren um des Wortes Gottes und um ihres Zeugnisses willen. Und sie schrien mit lauter Stimme: Herr, du Heiliger und Wahrhaftiger, wie lange richtest du nicht und rächst nicht unser Blut an denen, die auf der Erde wohnen?“
      (Offenbarung 6, 9 und 10)

Hier wird in der Offenbarung vor den Ereignissen der Auferstehung von Seelen geschrieben, welche als Martyrer gestorben sind. Diese leben und schreien wie es dort beschrieben ist.

Als Zeugen aus einer andern Welt traten so dann auf dem Berg der Verklärung Mose und Elia auf, die von den drei Aposteln Petrus, Jakobus und Johannes gesehen wurden. Diese redeten mit dem Herrn über das Ende seines Erdenlaufes und über sein Werk, das die wahre Erlösung, in der Überwindung des ewigen Todes bringen sollte (Matthäus 17, 3 und 4; Markus 9, 4 und 5; Lukas 9, 31 bis33)

Viele stellen sich nun die Frage, ja wie ist das nun dort und wünschen sich eine umfassende Antwort. Diese kann uns keiner geben. Auch die Bibel sagt uns nur sehr wenig darüber, wie es den Verstorbenen die man liebhatte dort ergeht. Im Mittelalter führte diese Frage zu absonderlichen Praktiken, der Ablaßhandel. Keiner kann sich mit Geld etwas bei Gott erkaufen. Nur sein Lebenswandel und das Ergreifen der Gnade zählen. Keiner kann zurückkehren und seine Lebenswandel nochmals korrigieren. Allerdings gibt es einige Menschen die einen kleinen Einblick in diese Bereiche tun konnten (siehe auch 2. Korinther 12, 2 bis 4). Aus der frühen Christenheit sind auch andere Bücher im Text erhalten, welche nicht in den Kontext der Bibel übernommen wurden. Hier ist z.B. der „Hirt des Hermas“ zu nennen. Auch dieser berichtet von solchen Gesichten. Auch in unserer Zeit gibt es solche begnadeten Menschen. Wie wird nun der Mensch dort als Seele existieren? Wir erinnern uns an das dem Gleichnis des Herrn, vom reichen Mann und dem armen Lazarus. Das Totenreich wird hier zum einen als ein Ort des Mangels und somit der Qual und zum anderem als ein Ort des gewissen Glücks, das Paradies, dargestellt. Jeder, dieser Hauptteile wird bestimmt wieder die verschiedensten, abgestuften „Wohnungen“, die dem Zustand der Abgeschiedenen entsprechen haben. Es verstößt ganz gewiß nicht gegen die Wahrheit, wenn ich als für alle gültig den Satz präge:

      „Was der Mensch hier auf Erden gewesen und geworden ist, das wird er auch im Totenreich sein.“

Was wir hier an guten oder bösen Charaktereigenschaften, an Lüsten und Neigungen in gutem oder bösem Sinn, an Begierden und Wollüsten und Leidenschaften besessen haben, das geht beim Scheiden aus der Welt mit hinüber ins Totenreich. Man kann das, was man in einem vielleicht langen Leben gedacht und erstrebt hat, was die Seele täglich, ja stündlich beschäftigte und gleichsam ein Teil von ihr geworden ist, nicht beim Tode ausziehen, wie wenn man das abends, vor dem Schlafengehen mit den Tageskleider tut. Die Seele stellt sich also im Totenreich, als das Ergebnis des ganzen Lebens auf der Erde dar, als das was wir mit den Worten ausdrücken: „Es ist zur zweiten Natur geworden.“ Hier gilt:

      „Wenn die Wolken voll sind, so geben sie Regen auf die Erde, und wenn der Baum fällt-er falle nach Süden oder Norden zu-wohin er fällt, da bleibt er liegen.“
      (Prediger 11, 3)

Allerdings ist es schon in unserem Umfeld so, daß man einen Baum nicht einfach liegen läßt. Schließlich ist solch ein Baum in unseren Augen doch etwas Wertvolles. Durch die Bearbeitung hat dieser Baum schließlich einen Nutzen für unser Leben. Wie sollte dann Gott auch nur eine Seele einfach liegen lassen und nichts am Zustand dieser Seele etwas verändern wollen.

 

5. Die Vikariatstaufe (Totentaufe)  

Zum besseren Verständnis möchte ich hier nun zuerst die Vikariatstaufe erläutern. Diese Taufe wird in der Bibel im 1. Korintherbrief erwähnt. In der korinthischen Gemeinde war es üblich sich für oder aber zu Gunsten der Toten taufen zu lassen. Paulus hat in seinem Brief in den Versen zuvor sich mit Leugnern der Auferstehung Christi auseinander gesetzt. Dabei erwähnt er dann:

      „Was soll es sonst, daß sich einige für die Toten taufen lassen? Wenn die Toten gar nicht auferstehen, was lassen sie sich dann für sie taufen“
      ( 1. Korinther 15, 29)

Paulus bezieht hier absolut keine Wertung der Totentaufe. Im Text kommt man zu dem Schluß, als wenn die Totentaufe, zwar nicht zentrale Lehre, aber doch Gang und gäbe war. Zugegebenermaßen finden sich nur wenige Aussagen zu diesem Thema in der Bibel. Was hat es mit dieser Bibelstelle auf sich. Lassen wir hier einmal den griechischen Urtext einfließen. In der Tabelle findet sich direkt unter dem griechischen Wort, die mögliche Übersetzung des Wortes und darunter die Zeitform des Wortes oder spezielle Erklärungen.

 επει 
 τι 
 ποιησουσιν 
 οι 
 βαπτιζομενοι 
 υπερ 
 των 
 νεκρων 
 ει 
 denn  
 was  
 tun  
 die  
 taufen  
 zu 
 Gunsten
 
 der  
 Toten  
 wenn  
Partizip Präsens
die Verstorbenen
im Hades
 ολως 
 νεκροι 
 ουκ 
 εγειρονται 
 τι 
 και 
 βαπτιζονται 
 υπερ 
 αυτων 
 überhaupt 
 Tote 
 nicht 
 auferstehen 
 was 
 dann 
 (und)
 
 taufen 
 zu 
 Gunsten
 
 sich 
 (selbst)
 
die Verstorbenen
im Hades
Indikativ Präsens

Was können wir daraus ersehen? Paulus spricht wirklich eine Sache an die in Korinth üblich war. Alles andere wäre Wortspielerei und widerspräche dem Wort der Bibel. In Offenbarung 22, 18 bis 20 werden wir aufgerufen kein Wort hinzu zu setzen aber auch keines wegzulassen. Wenden wir das auf dieses Wort an, so brauchen wir keine Spekulation zu betreiben. Wichtig ist, das beide Male das Wort für taufen im Präsens steht. Es kann also nichts sein, was erst in später gewissen Zukunft geschieht. Die Taufe, im Eindruck des Leidens der Martyrer oder dem Bild der Taufe Jesu (Markus 10, 38 und 39) scheidet somit aus.
Paulus kommt vielmehr auf diese Praxis innerhalb seiner Auseinandersetzung mit den Leugnern der Auferstehung zu sprechen. Ihm geht es genaugenommen nicht, um eine Rechtfertigung des Sakramentsempfangs für Verstorbene. Allerdings scheint es sich hierbei um eine völlig gebräuchliche und von daher auch nicht weiter problematisierte Praxis gehandelt zu haben. In späterer Zeit ist die Vikariatstaufe bei der christlichen Gemeinschaft der Marokiniten (Marcioniten), in 2. Jahrhunderts belegt verbrieft. Diese Gemeinschaft ist aus der paulinischen Linie der Kirche entstanden. Diese Gläubigen berufen sich auf die Lehrmeinung des Markion (geb. 85 in Sinope, gest. nach 144 wahrscheinlich in Rom). Dieser ist nicht zu den Gnostikern zu rechen, denn diese Lehren verwarf er aufs heftigste. Die nach 144 überall im Römischen Staat verbreiteten Gemeinden waren stellenweise wie z.B. in Rom zahlenmäßig so stark, daß sie meist mehr Anhänger hatten als die Römische Kirche. Sie war eine extrem paulinisch (nach Apostel Paulus) ausgerichtete Gemeinde. Bis ca. 600 nach Christi konnten sich diese Gemeinden behaupten. Dann erlagen die Geistlichen Führer der Verfolgung durch die Kaiserlichen (Melkiten) und die Gemeinden gingen in der Staatskirche auf. Tertullian, Adversus Marcionem berichtet,

      „wenn ein Katechumene (Bewerber zur Taufe) bei den Markioniten gestorben war, wurde er gefragt, ob er die Taufe begehre; die bejahende Antwort erteilte dann ein unter das Bett gekrochener Bruder danach wurde die Taufe vollzogen.“
        nach Adolf Harnack: Marcion: Das Evangelium vom fremden Gott. Eine Monographie zur Geschichte der Grundlegung der katholischen Kirche, Leipzig 1924, S. 176+367

Es war also im Frühchristentum auch die Vikariatstaufe vorhanden.

 

Nachdenkliches: Warum könnte wohl diese christliche Taufhandlung verlorengegangen sein? Man bedenke, daß auch das Apostelamt verloren ging. Die Naherwartung der ersten Christen immer mehr verblasste. Betrachtet man die Geschichte so kann man schnell feststellen, daß viele Werte der christlichen Lehre mit den Streben der Kirche, nach immer mehr Macht, in den Hintergrund gedrängt wurden. In der Blütezeit des Machtstrebens war Ablaßhandel wichtiger als echte Seelsorge. Da war das Eintreiben von Geld wichtiger als das Heil der Seelen. Die Vikariatstaufe war kein Abklatsch des Ablaßhandels. Sie war uneigennützige Hilfe für Seelen die sich nicht mehr selber helfen konnten.

 

6. Die Praxis in der Neuapostolischen Kirche  

In der bisherigen Betrachtung habe ich die Sehensweise, der Zeit des Alten Testamentes und die Zeit der ersten Christenheit beleuchtet. Wir wissen, daß die Gläubigen ein Leben der Seele als von Gott gewollt ansahen. Wir haben auch die Praxis in den ersten christlichen Gemeinden beleuchtet. Diese Ansicht ist allerdings, eine reine Glaubenssache, damals bei unseren Brüdern und Schwestern in dem Herrn gewesen. Genauso ist das heute nicht anders. Um nun einen Zugang zur neuapostolischen Praxis zu erhalten ist es notwendig an ein Weiterleben zu glauben. Jesus ist schließlich nicht gekommen das wir in IHM den Tod finden, sondern, daß wir in IHM leben haben.

      „Glaubt ihr nicht, wenn ich euch von irdischen Dingen sage, wie werdet ihr glauben, wenn ich euch von himmlischen Dingen sage? Und niemand ist gen Himmel aufgefahren außer dem, der vom Himmel herabgekommen ist, nämlich der Menschensohn. Und wie Mose in der Wüste die Schlange erhöht hat, so muß der Menschensohn erhöht werden, damit alle, die an ihn glauben, das ewige Leben haben. Denn also hat Gott die Welt geliebt, daß er seinen eingeborenen Sohn gab, damit alle, die an ihn glauben, nicht verloren werden, sondern das ewige Leben haben. Denn Gott hat seinen Sohn nicht in die Welt gesandt, daß er die Welt richte, sondern daß die Welt durch ihn gerettet werde.“
      (Johannes 3, 12 bis 17 )

Jesus redet hier nicht von einer fernen Zukunft. Das hier wichtige Wort "haben" ist beide Male im Präsens geschrieben. Wie innig die Verbindung zum Leben beim Herrn war, lesen wir auch aus der Aussage des Paulus.

      „Denn Christus ist mein Leben, und Sterben ist mein Gewinn. Wenn ich aber weiterleben soll im Fleisch, so dient mir das dazu, mehr Frucht zu schaffen; und so weiß ich nicht, was ich wählen soll. Denn es setzt mir beides hart zu: ich habe Lust, aus der Welt zu scheiden und bei Christus zu sein, was auch viel besser wäre; aber es ist nötiger, im Fleisch zu bleiben, um euretwillen. Und in solcher Zuversicht weiß ich, daß ich bleiben und bei euch allen sein werde, euch zur Förderung und zur Freude im Glauben, damit euer Rühmen in Christus Jesus größer werde durch mich, wenn ich wieder zu euch komme.“
      (Philipper 1, 21 bis 26)

Die Angst vor dem Tod war bei Paulus völlig gewichen. Sein Gottvertrauen war somit riesengroß. Überprüfen wir uns selbst ob auch unser Vertrauen so groß ist?
Johannes schreibt:

      „Darin ist die Liebe bei uns vollkommen, daß wir Zuversicht haben am Tag des Gerichts; denn wie er ist, so sind auch wir in dieser Welt. Furcht ist nicht in der Liebe, sondern die vollkommene Liebe treibt die Furcht aus; denn die Furcht rechnet mit Strafe. Wer sich aber fürchtet, der ist nicht vollkommen in der Liebe.“
      (Johannes 4, 17 und 18)

Wir brauchen keine Furcht haben, weder vor dem Tag des Gerichts, noch vor dem was nach dem Tode kommt.

Nach diesen bis hierher Betrachteten, wissen wir was die Bibel über die Bereiche der Verstorbenen (Toten) und das Leben der Seele berichtet.

Nun möchte ich zu dem in der NAK praktizierten Entschlafenenwesen kommen. Das „Entschlafenenwesen“ betrifft all jene Dinge, die mit den Verstorbenen zusammenhängen. Im engeren Sinne ist damit die neuapostolische Praxis angesprochen, für die Verstorbenen nicht nur betend einzutreten, sondern ihnen die Teilhabe am sakramentalen Dienst der Kirche zu ermöglichen. Grundvoraussetzung dafür ist zunächst die Vorstellung eines Weiterlebens nach dem Tode, dass also die diesseitige Existenz eine unmittelbare und inhaltliche Entsprechung in einem jenseitigen Sein hat. Das Weiterleben nach dem Tode, - also in traditioneller Sprache - die Unsterblichkeit der Seele, gehört zu den Grundgewissheiten des neuapostolischen Glaubens. In dem Buch "Fragen und Antworten über den neuapostolischen Glauben" können wir lesen:

      Frage 249, Seite 120 „Wir wissen, dass wir für die Toten beten können ( 2. Makkabäer 12, 39-46) damit auch sie der Erlösung teilhaftig werden. Sofern sie die vom Gnadenaltar ausgehende Heilsbotschaft ergreifen, wird Gott sie weiterführen und ihnen auch die Gnadenhandlungen zugänglich machen, die stellvertretend für die Toten von Lebenden hingenommen werden.“

      Anmerkung: Die Bücher der Makkabäer sind nur in der evangelischen Theologie nicht zum Kanon gehörig. Die Katholische Kirche hat diese Bücher als deuterokanonische Bücher im Kanon (siehe Einheitsübersetzung)

In der Neuapostolischen Kirche brach sich vom Jahre 1872 an die Erkenntnis Bahn, auch den Verstorbenen die Bundeshandlungen zugängig zu machen. Dies praktizierte innerhalb der apostolischen Bewegung zuerst der Apostel Friedrich Wilhelm Schwarz (1815-1895). Dabei wurde zunächst den ohne Sakramente verstorbenen Kindern, von Eltern die Glieder der Neuapostolischen Gemeinde waren, diese Handlung gewährt. Später wurde es auch auf andere Seelen ausgedehnt. In den Reiseberichten der neuapostolischen Apostel, die im damaligen Schrifttum der Neuapostolischen Kirche veröffentlicht wurden, finden wir oft den Hinweis, wie viel Lebende und wie viel Tote versiegelt wurden. Entsprechende Eintragungen sind auch im Jahreskalender des Stammapostels Krebs (1832-1905) enthalten. Den Zugang zu den Sakramenten ermöglichen damals wie heute ausschließlich die Apostel. Eine Statistik, wie anderswo über die versiegelten Verstorbenen, gibt es nicht. Die gegenwärtige Praxis, daß die Gottesdienste für Verstorbene dreimal jährlich stattfinden, geht auf Anordnung von Stammapostel Johann Gottfried Bischoff zurück. Außerdem wird den Verstorbenen sonntäglich, durch Apostel das Heilige Abendmahl gereicht. Jeweils am ersten Sonntag der Monate November, März und Juli finden besondere Gottesdienste statt, in denen den heilsverlangenden Seelen aus den Verstorbenenbereichen, die drei kirchlichen Sakramente gespendet werden. Diese sind die Taufe, die apostolische Handauflegung, also Versiegelung und das Abendmahl.
      Anmerkung: Es geht hier nicht darum irgend welche Verstorbenen, nachträglich neuapostolisch zu missioniern. Auch eine erneute Taufe (Wiedertaufe) ist nicht Sinn der Sache. Es geht einzig darum, daß alle Gnadenhandlungen ohne Einschränkungen denen gewährt werden, die selbiger bedürfen.
Zweifelsohne ist der Glaube, der sich auf die Welt der Toten bezieht, für andere Christen eine befremdliche Sache. Selbst Professor Dr. Helmut Obst, ein wohlwollender Kritiker und protestantischer Konfessionskundler bringt für diese neuapostolische Praxis nur wenig Verständnis auf. Er schreibt:

      „ein derartiger Dienst für die Toten ... ist weder aus der Bibel noch aus der Tradition zu begründen. Gottesdienste für Verstorbene, bei denen Lebenden für Verstorbenen Sakramente gespendet werden, sind ebenso ein neuapostolisches Spezifikum wie die sonntägliche Spendung des Abendmahls an Lebende für Tote.“
        (siehe: Obst, Helmut: Neuapostolische Kirche die exklusive Endzeitkirche? Neukirchen-Vluyn 1996, S. 142)

Die Irritation und die Ablehnung, welche die neuapostolische Praxis provoziert, hängen fraglos mit dem Verschweigen und Verdrängen des Todes in der modernen Gesellschaft und auch in den großen Kirchen zusammen. Der Schweizer Schriftsteller Gerhard Meier sagte einmal:

      „Der Tod, ist also stärker vorhanden als das Leben, das betrifft auch die Pflanzen- und Tierwelt. Die Erde ist ein riesiger Friedhof, ein Geisterschiff, wo man sich nur für kurze Zeit an Deck aufhält und dann wieder unter Deck geht.“
        (siehe: Meier, Gerhard u. Werner Morlang: Das dunkle Fest des Lebens. Amrainer Gespräche. 2. Aufl. Köln 1995, S.313)

Obwohl die Zahl der Toten die der Lebenden übersteigt, entschwinden sie gleichsam aus dem Bewusstsein der Lebenden. Bestenfalls gilt ihnen ein liebendes Erinnern und der Frommen Mann wünscht ihnen ein - freilich wenig spezifizierbares - Leben bei Gott. Doch ist Christus, wie Paulus im Römerbrief schreibt,

      „Herr über die Lebenden und die Toten“ (aus Römer 14, 9).

Der evangelische Theologe Gerhard Ebeling kommentiert:

      „Ein Herrscher nach dem Urteil der Welt, wird daran gemessen, wieviel Lebende er in seinem Gefolge hat. Mit den Toten ist kein Staat zu machen. Jesus Christus hingegen übt die Herrschaft aus, bei der die Toten die ausschlaggebende Rolle spielen, weil an ihnen erst vollends offenbar wird, was es mit dieser Herrschaft auf sich hat.“
        (siehe: Ebeling, Gerhard: Dogmatik des christlichen Glaubens. Bd. III: Der Glaube an Gott den Vollender der Welt. Tübingen 1979. S. 468)

Der 1. Korintherbrief, der um 54 n. Chr. entstanden sein dürfte, ist das früheste Zeugnis für diesen Brauch. Die zweite Stelle ist wesentlich später, sie findet sich im 1. Petrusbrief, der wohl um 90 nach Chr. verfasst wurde. In 1. Petrusbrief findes sich nun kein Beleg, für den Sakramentsempfang von Toten, sondern in ihm wird auf den Abstieg Christi nach seiner Kreuzigung ins „Reich der Verstorbenen,“ wie es im Apostolikum heißt, angespielt:

      „In ihm ist er auch hingegangen und hat gepredigt den Geistern im Gefängnis, die einst ungehorsam waren, als Gott harrte und Geduld hatte zur Zeit Noahs, als man die Arche baute, in der wenige, nämlich acht Seelen, gerettet wurden durchs Wasser hindurch.“
      (1. Petrus 3, 19 und 20)

Auf den selben Zusammenhang wird nochmals Bezug genommen, wenn es dort formelhaft heißt:

      „Denn dazu ist auch den Toten das Evangelium verkündigt, daß sie zwar nach Menschenweise gerichtet werden im Fleisch, aber nach Gottes Weise das Leben haben im Geist.“
      (1. Petrus 4, 6)

Vor allem die Stelle aus dem 1. Korintherbrief hat vielfältige Auslegungsvarianten provoziert. Vielfach nahm man an, bei der Toten- oder Vikariatstaufe handele es sich um eine gnostische Praxis, das heißt um einen sektiererischen Brauch. Der bekannte Neutestamentler Klaus Berger lehnt aber diese, eindeutig negative Bewertung ab. Für ihn ist es eine in Korinth praktizierte Sitte, die in den selben theologischen Kontext gehört, wie der Bericht vom Gang Christi in das Totenreich. Klaus Berger führt zu diesem Themenkreis in seiner 1994 erschienenen „Theologiegeschichte des Urchristentums“ aus:

      „Die Christen in Korinth praktizierten die Totentaufe. Es handelte sich um eine für Tote stellvertretend vollzogene Taufe, die wohl als Geisttaufe (mit Handauflegung! [...]) vorstellbar ist (1 Kor 15, 29). Aufgrund der Analogie in 1 Petr 4, 6 kann man vermuten, dass es sich um eine Zueignung des lebenschaffenden Geistes Gottes an die handelte, die als Tote diesen Geist zuvor nicht hatten [...]. [...] Wie man sich die Vikariatstaufe der theologischen Konstruktion nach zu denken hat, ist eine interessante Frage. Der Grundgedanke ist die 'Stellvertretung' [...]. Ziel jeder Stellvertretung ist die heilswirksame Anrechnung für den, der den Akt nicht vollzieht. [...] Auch im Christentum ist die stellvertretende Tat Jesu nicht die einzige geblieben, da es stellvertretendes Gebet immer noch gibt.“
        (Berger, Klaus: Theologiegeschichte des Urchristentums. Tübingen, Basel 1994. S. 461)

Klaus Berger spricht hier von der Geisttaufe. Es geht also nach seiner Auffassung nicht um die Wassertaufe, womöglich mit untertauchen. Gemeindegliedern wurde damals stellvertretend für Verstorbene, die Hände aufgelegt, um ihnen so den Empfang des Heiligen Geistes zu ermöglichen. Im neuapostolischen Sprachgebrauch ist das die Versiegelung. Die spätere alte Kirche, hat die stellvertretende Spendung der Sakramente, an Lebende für Tote abgelehnt. Diese urchristliche Praxis wurde somit nur noch in Kreisen am Rande der Kirche gepflegt. Die Kirche hat die Totentaufe, und damit die Spendung der Sakramente für Verstorbene insgesamt, schließlich im Jahre 397 auf dem 3. Konzil zu Karthago offiziell verboten.

Ist dieses Verbot bloßer Ausdruck der Ignoranz? Ignoranz gegenüber einer urchristlichen Tradition?

Eine solche Wertung wäre freilich übereilt und auch sachlich nicht gerechtfertigt. Man beschränkte sich in der Folgezeit ausschließlich auf die Fürbitte für Verstorbene - wie sie auch heute noch im Katholizismus und in der Orthodoxie praktiziert wird. Während die Apostel der Katholisch-apostolischen Gemeinden, sich an die Tradition der alten Kirchen und der katholischen und orthodoxen Sitte, der bloßen Fürbitte für Verstorbene orientierten, gingen die Apostel der Neuapostolischen Kirche wesentliche Schritte darüber hinaus. Sie griffen zunächst zurück auf die schon genannten neutestamentlichen Ansätze und entwickelten sie weiter. Die Bibel ist also, ganz so wie in der römisch-katholischen Kirche, nicht einzige Quelle christlicher Lehre. Was für die römische Kirche die Tradition, nämlich zweite Quelle christlicher Lehre, das ist für die Neuapostolische Kirche das Apostelamt und seine Amtsgaben. Dabei handelt es sich hierbei nicht um theologische Willkür. Viele der Dogmen der nachapostolischen Kirche (Kirche ohne Apostel) werden im Neuen Testament lediglich angedeutet. Man denke nur an das Dogma von der Dreieinigkeit Gottes oder an die Sakramentallehre.

Im Neuen Testament ist ein Entschlafenenwesen wie im hier augezeigten Sinne nicht vorhanden. Es enthält jedoch, gerade wenn man die zitierten Ausführungen von Klaus Berger bedenkt, durchaus Implikationen, die zu einer Entfaltung und Spezifizierung einladen. Das geschah in den letzten 120 Jahren. Die gegenwärtige Praxis geht wohl vom biblischen Text aus, doch wird sie eigentlich erst durch die Autorität des Apostelamts legitimiert. Dessen Aufgabe ist es ja, das Evangelium sach- und zeitgemäß zu deuten, zu entfalten und zu predigen. Es ist sicherlich erlaubt, darauf hinzuweisen, daß die von Aposteln regierte Urkirche, nicht diesen, doch relativ umfassenden Zeitraum zur lehrmäßigen Entfaltung des Entschlafenenwesens zur Verfügung hatte. Die Zeit der Apostel darf sicherlich nicht über das Jahr 100 hinaus angesetzt werden, mithin hatte die Urkirche höchsten 60 Jahre Zeit für die Entfaltung der im Evangelium implizierten Lehren. Die sakramentale Hinwendung zu den Verstorbenen, darf keinesfalls mit dem Spiritismus verwechselt werden. Bei dieser sakramentalen Handlung, wird keine Verbindung zu den Geistern, der Verstorbenen aufgenommen. Alles obläßt man der Weisheit und Gnade Gottes. Wen Gott zu dieser Gnade führt, bleibt uns letztlich verborgen. Die Neuapostolische Kirche war immer sehr zurückhaltend in ihren Ausführungen zur Welt der Verstorbenen. Die Handhabung ist somit analog des Neuen Testaments, worauf sie sich letztlich gründet. Es geht nicht darum, Einblicke in die jenseitige Welt zu gewinnen oder zu gewähren. Es geht einzig um eine Heilszusage, die Lebenden und Toten gleichermaßen gilt.

Betrachten wir nun den Zustand in welchem die Toten sich befinden. Wir gehen dabei von der sachlichen Einheit des Toten, mit dem der er als Lebender war, aus. Jeder Mensch hat seine ureigenste Geschichte. Die Geschichtlichkeit der menschlichen Existenz ist zwar mit dem Tod beendet, doch bleibt sie ein unveräußerlicher Bestandteil des Verstorbenen. Dieser Fakt führt gedanklich zu einem Weiterleben nach dem Tode. Nun lehren einige Institutionen, daß der Mensch in seinen Kindern weiterlebt. Kann das wirklich zutreffend sein? Was ist dann mit den Kinderlosen. Bleibt von diesen dann nichts übrig? Im neuapostolischen Glauben geht man von einem persönlichen Weiterleben nach dem Tode aus. Die Personalität des Toten, steht als eine unauslöschliche Kontinuität mit derjenigen des Lebenden. Wenn dem so ist, dann sind die durch ihre Sünden verlorengeglaubten Toten nicht vergessen. Vielmehr gehören Sie, gleichfalls wie wir, zur Schöpfung Gottes. Auch für sie hat Jesu sein Opfer gebracht. Sie befinden sich gleichfalls unter dem Gesetz Gottes und seinem Plan zur Erlösung der Menschheit.
Bei dem katholischen Theologen Erik Peterson können wir lesen:

      „Der Mensch, wird im Evangelium, als der Kranke, der Besessene und als der Verlorene gesehen.“
        (Peterson, Erik: Was ist der Mensch? In: ders.: Theologische Traktate. Mit einer Einleitung von Barbara Nichtweiß. Würzburg 1994, S. 136.)

Das gilt auch für die Verstorbenen. Gesetz und Evangelium sind Mächte, unter denen auch diese sich befinden. Die Sünde herrscht auch weiterhin über sie. Dort können sie zwar nicht mehr tätig sündigen, da sie ja keinen Leib mehr haben, aber die Sünde die hier begangen wurde haftet ihnen an. Sünde, welche bis zu ihrem Tot nicht vergeben werden konnte. Es besteht aber nach neuapostolischer Glaubenssicht auch dort die Möglichkeit der Vergebung. In der Offenbarung wird den sieben Gemeinden geschrieben, daß man überwinden soll.

      Ephesus
      „Wer überwindet, dem will ich zu essen geben von dem Baum des Lebens, der im Paradies Gottes ist.“
      (Offenbarung 2, 7)

      Smyrna
      „Wer überwindet, dem soll kein Leid geschehen von dem zweiten Tode.“
      (Offenbarung 2, 11)

      Pergamon
      „Wer überwindet, dem will ich geben von dem verborgenen Manna und will ihm geben einen weißen Stein; und auf dem Stein ist ein neuer Name geschrieben, den niemand kennt als der, der ihn empfängt.“
      (Offenbarung 2, 17)

      Thyatira
      „Und wer überwindet und hält meine Werke bis ans Ende, dem will ich Macht geben über die Heiden,“
      (Offenbarung 2, 26)

      Sardes
      „Wer überwindet, der soll mit weißen Kleidern angetan werden, und ich werde seinen Namen nicht austilgen aus dem Buch des Lebens, und ich will seinen Namen bekennen vor meinem Vater und vor seinen Engeln.“
      (Offenbarung 3, 5)

      Philadelphia
      „Wer überwindet, den will ich machen zum Pfeiler in dem Tempel meines Gottes, und er soll nicht mehr hinausgehen, und ich will auf ihn schreiben den Namen meines Gottes und den Namen des neuen Jerusalem, der Stadt meines Gottes, die vom Himmel herniederkommt von meinem Gott, und meinen“
      (Offenbarung 3, 12)

      Laodizea
      „Wer überwindet, dem will ich geben, mit mir auf meinem Thron zu sitzen, wie auch ich überwunden habe und mich gesetzt habe mit meinem Vater auf seinen Thron.“
      (Offenbarung 3, 21)

Seine Krönung erfährt es am Schluß der Offenbarung.

      „Wer überwindet, der wird es alles ererben, und ich werde sein Gott sein, und er wird mein Sohn sein.“
      (Offenbarung 21, 7)

Was gilt es nun für Verstorbene zu überwinden?

Im „Unser Vater“ beten alle Christen:

      „Und vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unsern Schuldigern.“ (Matthäus 6, 12)

Zum Überwinden gehört auch das Vergeben.

Was gibt uns nun die Kraft zum Überwinden?

      „... unser Glaube ist der Sieg, der die Welt überwunden hat.“ (aus 1. Johannes 5, 4)

Das können auch die Verstorbenen, ja genau das müssen sie auch tun, um Hilfe zu erfahren.

Gottesferne und Gottesnähe sind personale Positionen. Auch in der jenseitigen Welt ist das nicht anders. Dabei dürfen wir das nicht als ruhend und unveränderlich ansehen. Es besteht auch dort die Möglichkeit zu bewegen und zu verändern. In dieser Hinsicht besteht zwischen Diesseits und Totenreich durchaus eine Übereinstimmung. Die weit verbreitete christliche Überzeugung, daß -

      „der Mensch [...] seine im Leben eingenommene Stellung zu Gott nicht mehr "ändern" kann und dass "keine Änderung mehr möglich [ist], weil im Tod der Mensch sich als entschieden erweist,“
        Artikel "Tod". In: Handbuch theologischer Grundbegriffe. Bd. 4. München 1970, S. 243.

bestreitet der neuapostolische Glaube mit aller Entschiedenheit. Die katholische und die protestantische Position entsprechen an dieser Stelle weitgehend einander. Deshalb ist auch die Angst vor ewigen Höllenstrafen oder ewiger Verdammnis in der Neuapostolischen Kirche gegenstandslos. Wir erinnern uns, daß die vollkommene Liebe die Furcht austreibt. Genaugenommen setzen Hölle und Verdammnis den universalen Heilswillen Gottes außer Kraft. Grundlage jeder positiven Veränderung - hier wie dort - ist die Hinwendung zu Gott. Begründung und Stützung des Glaubens, der das Gottesverhältnis ausmacht, sind die Sakramente. Diese sind nach neuapostolischem Bekenntnis: die Taufe, die apostolische Handauflegung (also Versiegelung) und das Abendmahl. Im Vorherigen habe ich ein Stückchen eines Verses weggelassen:

      „Denn alles, was von Gott geboren ist, überwindet die Welt; ...“ (aus 1. Johannes 5, 4)

Die Geistestaufe ist nach neuapostolischem Glauben, dieses aus Gott geboren sein.

Warum sind nun die Toten auf die Vermittlung der Sakramente durch die Apostel angewiesen? Mehr noch als alles andere steht und fällt das Entschlafenenwesen, nach neuapostolischem Glauben, mit dem Apostelamt. Das Apostelamt ist der Schnittpunkt von diesseitiger und jenseitiger Welt. Im Lichte des Apostelamtes wird, im engeren Sinne die Kirche eine Gemeinschaft der Heiligen. Diese umfaßt unauflöslich die Gemeinschaft der Lebenden und der Toten. Im weiteren Sinne wird die Menschheit insgesamt als Gemeinschaft der Lebenden und der Toten deutlich. Die Gemeinschaft der Gläubigen kann der Tod nicht zerstören, gerade hierin erweist sich die den Tod überwindende Kraft des Christusgeschehens. Auch die Zugehörigkeit zur Menschheit und ihrem Geschick hört mit dem Tod nicht auf, vielmehr bleibt sie für jeden Menschen unwiderruflicher Besitz. Betrachte man nur mal die Größen der Geschichte. Keiner, der ein Bachwerk spielt, würde ernstlich behaupten dies wäre von Beethoven.
Innerhalb von Natur und Geschichte sind die Toten von den Lebenden strikt getrennt. Nur im Glauben kann das Getrennte als Einheit verstanden werden. Es soll nicht der Tod, als radikaler Riss in der menschlichen Existenz geleugnet werden. Es geht auch nicht darum, dieses unausweichliche Ereignis zu entschärfen. Vielmehr gilt es die Zusammengehörigkeit, der Lebenden und Toten, gerade im Angesichts, der Ungeheuerlichkeit und letztendlichen Unverständlichkeit des Todes, zu betonen.
Die Lebenden und die Toten dürfen im Lichte des Evangeliums also als Einheit aufgefaßt werden, denn sie sind gleichermaßen vor das Geheimnis der Menschwerdung Gottes gestellt. Gottes Eintritt in die Materie, sein Eingang in die Geschichte bedeutet: Das Heil ist in dieser Welt erschienen. Es wird allein der Diesseitigkeit zugesprochen und erfahren. Die Erde ist der Ort, an dem das Heil geschichtliche Wirklichkeit wurde. Dieses Geschehen ist unwiederholbar. Während alles andere auf der Zeitstrecke zurückbleibt, sind die Menschwerdung Gottes, sein Tod und seine Auferstehung für die Menschen, aller Epochen gleich gegenwärtig. Der Graben der Geschichte, der sonst eine scharfe und nicht überwindbare Trennungslinie bildet, ist hier aufgehoben.
Erik Peterson erklärt unumstößlich:

      „Der Mensch konstituiert sich also vom Menschensohn [also vom fleischgewordenen Gott] her. Dass der Mensch krank ist, ist er in Beziehung auf den, der die Krankheit heilt. Dass er besessen ist, ist er in Beziehung auf den, der die Dämonen austreibt. Dass er ein Sünder ist, ist er in Beziehung auf den, der Sünden vergibt.“
        (Artikel "Tod". In: Handbuch theologischer Grundbegriffe. Bd. 4. München 1970, S. 138.)

Aus diesem Zusammenhang fällt ebenfalls, so muss ergänzt werden, der Tote nicht heraus. Zugänglich wird diese Wirklichkeit, durch die Kirche, in der Christus seit seiner Himmelfahrt, im Heiligen Geist gegenwärtig ist. Das heißt aber auch, dass das Heil in jedem Fall durch die von Christus berufenen und gesandten Apostel zugesprochen wird. Die Heilsmittel sind in der sichtbaren Kirche vorhanden. Sie werden verwaltet von den lebenden Aposteln. Die Apostel sind die Gesandten Christi, die wie er, in die Bereiche der Toten hineinzuwirken vermögen. Sie allein sind in der Lage, den reinen Zugang zu den Verdiensten Christi zum Wohl für die gesamte Menschheit - also für Lebende und Tote - zu gewähren.

 

 

Zum Nachdenken: Die Christen in der Neuapostolische Kirche beten immer für die Verstorbenen. Es ist sozusagen eine göttliche Verbindung und ein Feingefühl für jede einzelne Seele entstanden. Dabei wird sehr oft besonders der Gewaltopfer zu gedacht. Opfer die durch die Situation ihres Hinscheidens vielleicht mit Groll, Haß und somit unversöhnlich hinüber gegangen sind. Auch die Kinder die nicht gewollt waren, die keine Chance bekommen haben sich für Gott zu entscheiden. Die vielen Menschen die wegen unserer Verschwendungssucht verhungern, Menschen die an Seuchen sterben. Man könnte bei jeder einzelnen Kategorie, die Frage stellen warum gerade dieser Menschen? ----

 

 

 

 

Einen Auszug aus dem Buch Hennoch  

Die vierteilige Unterwelt im Westen.

Von hier ging ich weiter an einen anderen Ort, und er zeigte mir im Westen ein großes und hohes Gebirge und starre Felsen. Vier geräumige Plätze befanden sich in ihm (dem Gebirge), in die Tiefe und Breite sich erstreckend und sehr glatt; drei von ihnen waren dunkel und einer hell, und eine Wasserquelle befand sich in seiner Mitte. Da sagte ich: "Wie glatt sind diese Hohlräume, wie tief und dunkel für den Anblick!" Da antwortete mir Raphael, einer von den heiligen Engeln, der bei mir war, und sagte zu mir: "Diese hohlen Räume sind dazu bestimmt, dass sich zu ihnen die Geister der Seelen der Verstorbenen versammeln. Dafür sind sie geschaffen, damit sich hier alle Seelen der Menschenkinder versammeln. Diese Plätze hat man zu Aufenthaltsorten für sie gemacht bis zum Tag ihres Gerichts, bis zu einer gewissen Frist und festgesetzte Zeit, zu der das große Gericht über sie stattfinden wird." Ich sah den Geist eines verstorbenen Menschenkindes klagen, und seine Stimme drang bis zum Himmel und klagte. Da fragte ich den Engel Raphael, der bei mir war, und sagte zu ihm: "Wem gehört dieser klagende Geist an? Wessen ist die Stimme da, die bis zum Himmel dringt und klagt?" Da antwortete er mir und sagte: "Dieser Geist ist der, der von Abel ausging, den sein Bruder Kain erschlug, und er klagt über ihn, bis seine Nachkommenschaft der Menschen verschwunden sind." Da fragte ich den Engel in betreff all der Hohlräume und sagte: "Weshalb ist einer vom andern getrennt?" Er antwortete mir und sagte: "Diese drei Räume sind gemacht, um die Geister der Toten zu trennen; und so ist eine besondere Abteilung gemacht für die Geister der Gerechten da, wo eine helle Wasserquelle ist. Ebenso ist ein besonderer Raum für die Sünder geschaffen, wann sie sterben und in die Erde begraben werden, und ein Gericht bei ihren Lebzeiten über sie nicht eingetroffen ist. Hier werden ihre Geister für diese große Pein abgesondert bis zum Tage des Gerichts, der Strafen und der Pein für die bis in Ewigkeit Verdammten, und der Vergeltung für ihre Geister; dort bindet er sie bis in Ewigkeit. Ebenso ist eine besondere Abteilung für die Geister der Klagenden, die über ihren Untergang Kunde geben, da sie in den Tagen der Sünder umgebracht wurden. Diese Abteilung ist so geschaffen für die Geister der Menschen, die nicht gerecht, sondern Sünder, oder ganz und gar gottlos und Genossen der Bösen waren; ihre Geister werden am Tage des Gerichts nicht bestraft werden, aber sie werden auch nicht von hier mit auferweckt werden." Da pries ich den Herrn der Herrlichkeit und sagte: "Gepriesen bist du, o Herr, du gerechter Herrscher der Welt!"

Auf der Seite von http://j-e-kraemer.de/
kann man das ganze Hennochbuch finden

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